Schon als hörte, dass Solomon Burke zum heurigen Jazzfest (wieder) nach Wien kommt, war mir klar: dort muss ich hin!

Das (für mich) erste Mal, als ich live mit Solomon Burke in Kontakt kam, war beim Jazzfest 2005 als er in der Staatsoper auftrat. Das Konzert 2005 war fantastisch, trotz Staatsoper hielt es keinen auf den Sitzen.

Umso höher waren meine Erwartungen, was das heurige Konzert im Arkadenhof des Rathauses betraf.

Zuerst trat Ryan Shaw auf, ein sehr talentierter Singer/Songwriter aus Georgia. Sein Programm umfaßte Soul im Stile der 60er und 70er Jahre. Mit kleiner Band, sparsam instrumentiert und hauptsächlich von seiner gewaltigen Stimme getragen. Er erntete nach seinem ca. einstündigen Set verdientermaßen großen Beifall.

Trotzdem war die Stimmung eindeutig: egal, wer hier auf der Bühne stehen mochte, alles wartete auf Solomon Burke, den „Bischof des Soul“. Und der kam dann auch. Wie immer zu den Klängen der Hammond-Orgel im Rollstuhl bis zu seinem Thron gefahren, allerdings diesmal nur im Dunkel ohne Paravent (wie 2005 in der Staatsoper). Zunächst hatte man den Eindruck, als ob er seine rund 200 kg gar nicht aus seinem Rollstuhl heraus brachte. Und man fragte sich, in welchem Zustand er wohl sein möge. Diese Frage wurde jedoch bald beantwortet.

Die Show begann mit einem Titel, den Eric Clapton geschrieben hatte, aus dem neuen Album „Like a fire“ (leider habe ich mir den Namen dieses Titels nicht gemerkt). Und in kürzester Zeit war die Stimmung im Publikum am Kochen. Dieser Mann, der da in einem violetten Glitzeranzug sitzt, der während des gesamten Konzerts seinen Thron nicht verläßt, der keinen einzigen Schritt auf der Bühne macht, hat eine Bühnenpräsenz, die fantastisch ist. Und die so manche(n) SängerIn, die/der 2 Stunden lang über die Bühne rast, klar in den Schatten stellt.

Solomon Burke, Jazzfest Wien, Rathaus Arkadenhof, 11.07.2008

Diese Mann kann fast alles: ans Herz gehende „Schmachtzfetzen“, jazzige Balladen, erdige Rock’n’Rolls, Countrymusik im Nashville-Sound und vor allem natürlich: Soul, Soul, Soul. Und wenn es einmal Disco-Rhythmus sein soll, dann darf die Tochter ran und von der Background-Sängerin mit „I will survive“ an die Front wechseln.

Weil wir gerade bei der Familie sind: die zweite Background-Sängerin war eine seiner Enkeltöchter (er hat über 80 Enkelkinder und auch bereits Urenkeln, was bei 21 Kindern keine große Kunst mehr ist).

Der Rest der Band – die wie eine gut geölte Maschine den perfekten Klangteppich für den Bischof ausbreitete – erinnerte mich irgendwie an die Band der Blues Brothers (aus dem Originalfilm natürlich!). Ein Mann an der Hammond-Orgel, der den Ray-Charles-Look-a-like-Contest locker gewinnen würde (und zwar auch wegen seiner Bewegungen), 3 Bläser, cool wie eine Eiswürfelmaschine und ein Rhyrhmusgitarrist, der aussah wie eine Kreuzung aus Jerry Stiller und Helge Schneider. Dazu noch der Bassist als Bandleader, der jede Augenbrauenbewegung von Solomon Burke an die Band weitergab, ein Sologitarrist mit der Frisur von Lou Marini, ein eher unauffälliger Pianist und ein Drummer mit der Präzision eines Uhrwerks, dem man auch anmerkte, dass er Solomon Burkes Repertoire und Stil bereits im Schlaf kannte und konnte. Dazu kamen noch 2 Geigerinnen, von denen eine auch einen Gesangsauftritt hatte. Netter optischer Aufputz, aber meiner Meinung nach musikalisch durchaus verzichtbar.

Das Programm war bunt gemischt, darunter Titel aus dem neuen Album „Like a fire“, ein Otis-Redding-Medley, ein Rock’n’Roll-Medley, Klassiker wie „Georgia“, „What a wonderful world“ oder „Everybody needs somebody to love“.

Solomon Burkes Kommunikation und Interaktion mit dem Publikum war auch sehr intensiv: zuerst holte er einen Rollstuhlfahrer von der ersten Reihe auf die Bühne, dann ließ er die Sicherheitsabsperrung vor Bühne entfernen, ließ das Publikum aufrücken und holte ca. 15 Leute aus dem Publikum auf die Bühne, die er teilweise auch mitsingen ließ. Seine Art gegenüber dem Publikum ist auch immer freundlich und positiv.

Das Set dauerte ohne Pause über 2 Stunden (was zu Folge hatte dass ich die letzte U3 um 0:33 verpasste, die mich von MittenImErsten nach MittenImDritten hätte bringen sollen). Die Stimmung war Wahnsinn, dass es keine Zugabe geben würde, war wohl jedem klar, der die Mit-dem-Rollstuhl-auf-die-Bühne-und-zum-Thron-Transport-Prozedur zu Beginn miterlebt hatte.

Einziger Wermutstropfen war der Sound. Besonders bei den lauten Nummern merkte man, dass die Akustik im Arkadenhof dafür nicht wirklich ideal ist. Andererseits hatte ich manchmal den Eindruck, als wäre die Tonanlage von der Leistung her etwas unterdimensionert. Das soll aber den Gesamtendruck eines wirklich tollen Konzerts nicht schmälern.

Für mich steht fest: sobald Solomon Burke wieder nach Wien kommt, ich bin wieder dabei!

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Der Klang der Hoffnung – manchmal (leider nicht so oft) bringt auch die Musik-/Kulturredaktion des STANDARD etwas brauchbares zustande